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Online-Magazin von sf-mvb

Lesedauer ca. 9 Min.

Strukturen, Kennzahlen, Angebote der MVB

MVB-Statistik 2024

Strukturen, Kennzahlen, Angebote der MVB

Der Schweizerische Fachverband Mütter- und Väterberatung (SF MVB) hat 2024 erneut eine schweizweite Umfrage bei den AnbieterInnen der Mütter- und Väterberatung (MVB) durchgeführt, um eine aktuelle Übersicht über betriebliche Kennzahlen, Strukturen und Dienstleistungen der MVB zu erhalten. Von 91 angefragten Organisationen haben sich 74 aus allen Kantonen und Sprachregionen beteiligt.

Organisation und Trägerschaftsform

Die MVB ist schweizweit als niederschwelliges Angebot für Familien mit Kindern bis und mit dem 5. Lebensjahr verankert. Die AnbieterInnen variieren jedoch in ihrer Grösse und Organisationsform erheblich. Knapp die Hälfte (43%) der befragten Organisationen sind als privatrechtliche Vereine organisiert, beispielsweise als Teil der Spitex – insbesondere in der lateinischen Schweiz ist diese Form dominant. Rund ein Drittel der Organisationen (35%) sind Gemeinde- oder Zweckverbände, während 16% der AnbieterInnen Teil der öffentlichen Verwaltung (Gemeinde oder Kanton) sind.

Bei rund Dreiviertel (76%) der an dieser Erhebung beteiligten Organisationen handelt es sich um kleinere ArbeitgeberInnen mit weniger als 300 Stellenprozenten für die MVB. Davon sind 16% sehr kleine AnbieterInnen mit weniger als 100 Stellenprozenten für die Beratung. Entsprechend weisen rund ein Viertel der befragten Organisationen mehr als 300 Stellenprozent für die Beratungstätigkeit auf. Sehr grosse AnbieterInnen mit mehr
als 1000 Stellenprozenten für die Beratung sind relativ selten (6%). Die effektiven Stellenprozente reichen bei den befragten Organisationen von 20 Stellenprozent bei der kleinsten bis zu 4275 Stellenprozent bei der grössten Arbeitgeberin, die gesamtkantonal organisiert ist. Die Organisationen bedienen sehr unterschiedlich grosse Einzugsgebiete mit unterschiedlich hoher Bevölkerungsdichte. Daher werden je nach Region zwischen einer und 260 Beratungsstellen bedient. Allen Organisationen gemeinsam sind dezentrale Beratungsstellennetze.

Personelle Ressourcen

Mütter- und Väterberatende sind Fachpersonen für die frühe Kindheit. Sie verfügen über eine Ausbildung auf Tertiärstufe in einem Gesundheits- oder Sozialberuf und in der Regel über eine fundierte Zusatzausbildung zur MVB. 2022 startetet der erste Lehrgang der neuen Höheren Fachprüfung (HFP). Die ersten Lehrgangsteilnehmenden schliessen diese Ausbildung Ende 2024 mit dem offiziellen Titel «HFP Beraterin/Berater Frühe Kindheit» ab.


Ausbildung und Anstellung 

Über 70% der Beratungspersonen in den befragten Organisationen verfügen über die abgeschlossene Zusatzausbildung
zur MVB (Nachdiplomstudium Mütter- und Väterberatung oder ähnliches) und ein weiterer Teil befindet sich aktuell in Ausbildung. Knapp 90% der befragten Organisationen verfügen neben den Beratungspensen zusätzlich über personelle Ressourcen für Leitungs-, Stabs- und Administrationsfunktionen für die MVB, womit eine Professionalisierung der Strukturen einhergeht. Der Anteil Organisationen, die über keinerlei Ressourcen für Leitungs- oder Administrationsfunktionen verfügen, ist somit weiter rückläufig. 2020 hatten gemäss der damaligen Befragung 20% der Organisationen keine solchen Ressourcen, 2016 noch fast 40%.

Angebotsfinanzierung

Die MVB wird schweizweit durch die öffentliche Hand getragen und steht dadurch allen Familien kostenlos zur Verfügung. Elternbeiträge, z.B. in Form einmaliger Gebühren, gibt es äusserst selten und machen weniger als 1% der Budgets aus. Bei den Finanzierungsformen ist die Berechnung der öffentlichen Gelder in Bezug auf die Anzahl EinwohnerInnen oder (seltener) die Anzahl Geburten im Einzugsgebiet mit 38% aller befragten Organisationen am häufigsten («pro-Kopf-Beitrag»). Ebenfalls häufig ist ein Leistungsvertrag mit fixem Globalbudget (23%). Weitere 12% der Organisationen rechnen die erbrachten Leistungen nach einem Taxpunkte-System ab und 14% werden in einer Mischform finanziert (in der Regel pro-Kopf-Beitrag und Rechnungsstellung).

Budget

Im schweizweiten Schnitt steht den Organisationen ein Budget von CHF 6.38 pro EinwohnerIn und Jahr in ihrem Einzugsgebiet zur Verfügung. Die effektive Spannweite reicht bei den befragten Organisationen von einem pro-Kopf-Betrag von CHF 1.11 bis CHF 13.54. AnbieterInnen in allen Landesteilen arbeiten mit ähnlichen Budgets, wobei diese in der Deutschschweiz tendenziell höher sind und bei durchschnittlich rund CHF 6.92 pro Kopf liegen, zwischen den einzelnen Organisationen aber auch stärker schwanken. In der Romandie und im Tessin liegt der Betrag bei rund CHF 5.61. Zu berücksichtigen ist, dass sich verschiedene Faktoren auf die Kosten des Angebots auswirken, nicht nur die Anzahl EinwohnerInnen. U.a. die Ausgestaltung des Beratungsangebots, die Altersstruktur der Kinder und die Komplexität der Beratungssituationen sowie die demografische Zusammensetzung im Einzugsgebiet sind relevant dafür, welche finanziellen Ressourcen für ein qualitativ gutes Angebot benötigt werden.

Beratungsangebot

Die MVB bietet ihre Beratungsleistung für Familien mit Säuglingen und Kindern im Vorschulalter an. Zusätzlich zum «Kernangebot» ist die MVB eine wichtige Akteurin in der Frühen Förderung und bietet weitere zielgruppenspezifische Angebote. Beratungen in der Beratungsstelle, Telefonberatung, Hausbesuche und E-Mail-Beratungen gehören zum Grundangebot. Vor allem die Beratung per E-mail hat über die letzten Jahren markant zugenommen (von 65% im Jahr 2018 zu 96% im Jahr 2024). Beratungen per E-Mail können daher heute ebenfalls zum Kernangebot der MVB gezählt werden. Der Bedarf an Gruppenberatungen nimmt weiter zu (Zunahme von 15% seit 2022) und schlägt sich nun bei rund 60% der Organisationen im Angebot nieder. Bei 63% besteht zudem ein Beratungsangebot zu Randzeiten (an Abenden oder Wochenenden). Die digitale Beratung ist seit 2022 mehr oder weniger unverändert und liegt bei 49% resp. 39%. In verschiedenen Kantonen wurden in den letzten Jahren Angebote und Beratungen speziell für Väter auf- und ausgebaut, aktuell sind solche bei 14% der befragten Organisationen etabliert.

Einige Beratungsstellen würden gewisse Beratungsangebote in Zukunft gerne ausbauen. So gaben rund 20% beziehungsweise 30% an, Gruppenberatungen oder spezifische Väterberatung in naher Zukunft in den Angebotskatalog aufnehmen zu wollen.

Ein Grossteil der Organisationen nimmt zusätzliche Aufgaben in den Bereichen Frühe Förderung und Elternbildung wahr. Spezifische Angebote für fremdsprachige Familien führen 30% der befragten Organisationen, dazu zählen Gruppenberatungen zusammen mit interkulturellen VermittlerInnen oder aufsuchende Beratungsprogramme in Asylzentren. Viele Organisationen bieten weitere Angebote wie Eltern-Kind-Gruppen (47%) oder Krabbeltreffs (32%) an. Rund jede zehnte Organisation führt Elternkurse durch (z.B. Babymassage, Tragetuchkurs) und 45% bieten Themenabende zur frühen Kindheit (z.B. zu Entwicklungs- und Erziehungsfragen) an.

Geburtenmeldungen

Um den Zugang aller Familien zum Beratungsangebot zu erleichtern, erhält die MVB Geburtenmeldungen vom Gemeinwesen und/oder (mit Einwilligung der Eltern) von den Spitälern/Geburtskliniken. 83% der befragten Organisationen geben an, von den zuständigen Behörden Geburtenmeldungen zu erhalten. 91% Organisationen geben (zusätzlich oder alternativ) an, diese von den Spitälern/ Geburtskliniken zu erhalten.

Qualitätssicherung

Zur Qualitätssicherung nutzen die befragten Organisationen diverse Instrumente. In 80% der Organisationen werden systematisch Standards und Praxishilfen (des SF MVB oder eigene) für die Beratungstätigkeit genutzt. 75% respektive 54% führen regelmässig Supervision respektive Intervision durch und 41% Qualitätszirkel. Elternbefragungen werden von 42% der AnbieterInnen regelmässig durchgeführt.

Vernetzung 

Die aktive Vernetzung im System der frühen Kindheit ist ein zentraler Bestandteil der Arbeit der MVB. Die Erhebung zeigt, dass die MVB mit zahlreichen Fachpersonen und -stellen institutionalisiert vernetzt ist. Der engste Austausch findet dabei mit AkteurInnen aus dem Gesundheitsbereich statt: namentlich bejahen 95% der befragten Organisationen die institutionalisierte Vernetzung mit den Hebammen, 82% mit den PädiaterInnen sowie 86% mit Spitälern und Geburtskliniken, seltener hingegen mit GynäkologInnen (24%). Mit den kinderpsychologischen und -psychiatrischen Diensten sind 41% der befragten Organisationen institutionalisiert vernetzt.

Breit vernetzt ist die MVB auch mit Angeboten in der familienergänzenden Betreuung, namentlich Kitas (62%) und Spielgruppen (58%) sowie mit behördlichen Stellen wie den Sozialdiensten (64%), den Kindes- und Erwachsenenschutzbehörden (65%) sowie kantonalen oder kommunalen Fachstellen im Bereich frühe Kindheit (68%) und Migration (57%). 

Viele MVB-Stellen pflegen zudem eine enge Vernetzung mit AkteurInnen im Bereich Heilpädagogik (heilpädagogische Früherziehung, Psychomotorik, Logopädie) sowie Ergo- und Physiotherapie. Weniger Berührungspunkte gibt es mit Fachstellen im Bereich Suchtprävention und -therapie.

Herausforderungen

Eine wesentliche Herausforderung sieht ein Drittel der Organisationen darin, dass das Angebot der MVB zu wenig bekannt ist bei der Zielgruppe. Damit einhergehend sehen die AnbieterInnen eine Schwierigkeiten bei der Erreichbarkeit der Eltern (35%). Auch Fragen rund um die Finanzierung des Angebotes beschäftigen knapp ein Viertel aller AnbieterInnen. Trotz des nationalen Fachkräftemangels scheinen fehlende personelle Ressourcen aktuell keine grundlegende Herausforderung in der MVB zu sein.

 

Die AnbieterInnen-Statistik des SF MVB wird alle zwei Jahre durchgeführt, siehe weitere Publikationen hier: https://www.sf-mvb.ch/de/was-wir-tun/mvb-statistik/aktuelle-zahlen/ 


Da die Zahlen nicht auf einer Vollerhebung basieren, können keine Angaben zur Gesamtzahl der Beratungsstunden oder -personen in der Schweiz
gemacht werden.